In diesem Artikel möchten wir aufzeigen, wie sehr man aus der Popkultur eines Landes Rückschlüsse auf die Werte und Regeln dort ziehen kann.
Früher war es nicht einfach, Serien aus Ländern wie Japan oder Korea anzusehen, wenn diese nicht gerade synchronisiert im Fernsehen liefen oder als Kinohit auch hierzulande gezeigt wurden. Seit dem Erfolg von Streamingdiensten kann man aber alles und jedes im selben Moment in der Originalfassung konsumieren, in dem es weltweit erscheint.
Hier ist ein kurzer Ausschnitt aus der Serie „Kantaro, das süße Leben eines Angestellten“. Es geht um den Angestellten Kantaro, der in einem typisch japanischen Büro arbeitet und dort extrem fleißig seinen Dienst versieht. Es gilt als unnahbar und sehr ernst, doch er hat ein süßes Geheimnis. Der Grund für seine Verbissenheit beim Erledigen der täglichen Kundenbesuche liegt darin, dass er inkognito einen Internet Blog über Süßspeisen führt und dafür heimlich während der Arbeitszeit alle einschlägigen Cafes, Eisdielen und Restaurants besucht.
Er versteht keinen Spaß, wenn ihn Kollegen oder der Chef mit anderen Themen behelligen, die seinen Zeitplan durcheinander bringen.
Daraus ergeben sich allerlei lustige Irrungen und Wirrungen. Bevor wir Genaueres erläutern, empfehlen wir diesen Clip. Hier hat sich unser Protagonist unbemerkt davon gemacht, um in einem angesagten Eisladen ein japanisches Sorbet namens „Kakigori“ zu testen.
Was lässt sich aus diesem Clip ableiten?
A. Die Leidenschaft Japans für Essen aller Art ist klar zu erkennen. Nicht umsonst werden für frisch gefangene Thunfische oder besonders schöne Früchte (https://goo.gl/lOj5Sd) exorbitante Preise gezahlt.
B. Die Tendenz, auf Details enormen Wert zu legen, scheint in der Art durch, wie das Sorbet hergestellt wird. Die sicht- und hörbare Lust, die unser Protagonist alleine schon durch das Zusehen erfährt, ist in Japan nicht ungewöhnlich. NIcht umsonst wurden dort schon lange vor der Erfindung von Instagram Millionen Essensphotos geschossen…
C. Die japanische Prozessorientierung ist besonders gut zu erkennen, wenn Kantaro in 3D Grafik analysiert, wie sich verschiedene Sorbetsorten in der Herstellung unterscheiden. Es geht um Details wie die Grammzahl der Eisspäne und genau das macht es für ihn so aufregend. In Japan ist nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin extrem wichtig.
D. Der japanische Humor ist am Schluss gut zu sehen. Gerade der Kontrast zwischen dem sehr kontrollierten Anzugträger Kantaro und seinem Innenleben, sprich der orgiastischen Reaktion beim Probieren des Eises ist typisch für die Extreme Japans. In späteren Folgen erscheinen dann riesige Raumschiffe aus Pfannkuchen und lebende Kakaobohnen steppen um die Wette.
E. Ein sehr hoher Grad an Ästhetik, sprich das Streben, Herstellung, Präsentation und Verzehr sehr appetitlich und ansprechend zu filmen.
F. Die japanische Bereitschaft, hohe Hürden zu überwinden, um genau in dem einen Restaurant zu essen, das als das mit dem besten Sorbet, Sushi oder Sachertorte bekannt ist. Diese Fixierung auf das „anerkannt Beste“ in einem Feld erstreckt auch auf andere Bereiche.
Wer mehr über Abläufe in japanischen Büros, wenn hier auch humoristisch überzeichnet, lernen möchte, dem sei die Serie ans Herz gelegt.
So darf zum Beispiel auch die typisch hierarchisch geprägte Beziehung zum cholerischen, aber eigentlich grundguten Chef und das Besäufnis mit Kunden nicht fehlen.
Interessanterweise gibt es viele andere Serien mit Angestellten, die sich unerlaubt davon stehlen, um das Leben zu genießen. Zum Beispiel um in jedem Viertel ein berühmtes Badehaus und ein kühles Bier danach auszuprobieren. So werden auch in Japan Wunschträume durch solche Erzählformen ausgelebt, besonders wenn die Realität anders aussieht.
Mehr über solche und andere Themen, die die Zusammenarbeit mit Japan erleichtern, wie immer in unseren offenen und Inhouse Seminaren.