Seit dem letzten Artikel über die neue Generation von Salary(wo)men, also den typischen “white collar” Angestellten in Japan, sind 4 Jahre vergangen. Nicht zuletzt die Pandemie hat wie ein Katalysator alte Abläufe und Gewissheiten weiter erodieren lassen und daher ist es an der Zeit, die neuesten Entwicklungen zusammenzufassen, um die “Version 3.0 der Salary(wo)men” in Japan zu beleuchten.
Es sind mehrere Trends zu beobachten, die meist nicht vollkommen neu sind, aber in den letzten Jahren zum Mainstream anwuchsen.
- JSo ist der Arbeitsmarkt in Japan ist seit längerem ein eindeutiger “seller’s market”, auf dem die Arbeitssuchenden, seien es Uniabsolventen oder auch Leute mit Berufserfahrung, viel anspruchsvoller und freier als früher wählen können. Außerhalb Japans schon lange die Norm, kann man mit “breiteren Schultern” in die Interviewrunden gehen, da man sowieso nicht mehr erwartet, jahrzehntelang in derselben Firma zu arbeiten.
- Beim Eintritt ins Arbeitsleben scheint der “Name” der Firma nicht mehr so wichtig, denn Umfragen aus Japan belegen, dass Themen wie “I am interested in this type of work” oder “I want rewarding work” entscheidend bei der Entscheidung für oder gegen eine Firma sind. Auch Work Life Balance bei Themen wie “I want to be able to take annual leave”, “no need to transfer” oder auch “I want to be able to secure private time” sind viel wichtiger als noch vor 10 Jahren.
- Gleichzeitig muss man betonen, dass der Hauptwunsch bei der ersten Jobsuche immer noch eine “indefinite position” ist. Das mag daran liegen, dass in vielen Firmen Festangestellte und “contract/temp worker” nebeneinander arbeiten, aber nur die erste Gruppe volle Bezüge, Skill based Trainings und alle Benefits erhält.
Zudem sind die Unwägbarkeiten des VUCA Zeitalters auch an den bekanntermaßen risiko-aversen Japaner/innen nicht spurlos vorbeigegangen, so dass viele junge Leute Sicherheit und Planbarkeit einem höheren Gehalt vorziehen. - Trotz dessen wechseln bis zu 30% der “New recruits” innerhalb der ersten 3 Jahre die Firma. Unter den wichtigsten Gründen finden sich Faktoren wie “job not a good match”, “working hours too long” oder auch “could not make use of own abilities and skills”.
Also scheint für viele Vertreter der jüngeren Generation der Grundsatz “halten wir einfach durch, dann wird es schon irgendwann besser”, der das Verhältnis zur eigenen Firma seit dem 2. Weltkrieg geprägt hat, einfach nicht mehr nachzuvollziehen. Wenn heutzutage etwas nicht passt, muss man zum eigenen Wohl handeln. - Ein “Mid-career job change” ist zur Normalität geworden, obwohl in den meisten Fällen eine “Agency” als Zwischenglied heiklere Details wie Gehaltsfragen mit dem potentiellen neuen Arbeitgeber bespricht. Dass man persönlich die eigenen Gehaltsvorstellungen wie in Deutschland durchboxt, so weit geht der Individualismus in Japan in den meisten Fällen noch nicht.
- Die unerwartete Zeitenwende hin zum Home Office, die zumindest während des Lock-downs zur Normalität wurde, hat die Art der Zusammenarbeit auch in Japan stark verändert.
Wie in diesem Beitrag beschrieben, führt dies zur mehr Eigenverantwortung, da es nicht mehr möglich ist, Vorschläge “immer von allen Beteiligten” zur Sicherheit offiziell und inoffiziell sichten zu lassen.
Als letztes noch ein Beispiel aus dem Privatleben, denn auch in der typischen Rollenverteilung in Ehepaaren tut sich viel. Es ist noch nicht die Norm, aber es gibt immer mal wieder Ehemänner in Japan, die den eigenen Job kündigen, um dadurch der Ehefrau folgen zu können, wenn diese als weiblicher Expatriate durch ihre Firma ins Ausland entsandt wird. Das gab früher ausschließlich andersherum.
Derlei Fälle, die auf neue Trends hindeuten, gibt es überall! Die Entwicklung hin zu einer “Vs. 4.0” der klassischen Salary(wo)men zu beobachten, bleibt also spannend!