JCO bietet nicht nur interkulturelle Trainings, sondern auch People Management Seminare für japanische Manager an, die nicht-japanische Mitarbeiter führen. Da bewährte Führungstechniken aus Japan nicht eins-zu-eins auf Europa übertragbar sind, kommt es leider auch bei erfahrenen japanischen Managern zu Problemen und Missverständnissen, obwohl diese eigentlich genau gemäß bewährter japanischer Managementpraktiken verfahren.
Hier ein interessantes Beispiel aus einem der letzten offenen People Management Seminare zu diesem Thema.
In einem Rollenspiel sollte ein japanischer General Manager einer deutschen Mitarbeiterin, die zwar gute Arbeit leistete, aber beim für Japaner so wichtigen Reporting etwas zu nachlässig war, diesbezüglich Feedback geben. Aufgabe war es, ihr im richtigen Ton zu vermitteln, dass sie mehr Aufmerksamkeit auf Formatierung und korrekte Rechtschreibung der Reporte nach Japan verwenden solle, da er sonst selbst zu viel Zeit für die Korrektur ihrer Fehler verlöre.
In diesem ersten Gespräch ging der eigentlich sehr erfahrene Manager aber so streng und unnachgiebig vor, dass die Betroffene in der echten Welt von einer baldigen Kündigung ausgehen würde. Eine Würdigung der bisher geleisteten Arbeit nahm er nicht vor und konzentrierte sich nur auf ihre Fehler und bezog sich sehr stark auf die „company rules“, die es einzuhalten gelte.
Derselbe Manager musste danach in einem zweiten Follow Up Rollenspiel demonstrieren, wie er mit derselben Mitarbeiterin umgehen würde, falls sich keine Verbesserung zeigt. Interessanterweise war er entgegen aller Erwartungen trotz des Fortbestehes des Problems nicht etwa noch strenger, sondern hingegen sehr warmherzig und unterstützend.
Auf diese Diskrepanz angesprochen sagte er, dass er nach japanischer Manier in so einem Fall zuerst harsch zurechtweisen müsse, um dem Mitarbeiter/in den Ernst des Problems aufzuzeigen. Da es aber keine Verbesserung gab, obwohl sich die Mitarbeiterin zu bemühen schien, war nach seinen Worten in der zweiten Stufe Mitgefühl und Unterstützung von Nöten. Wichtig wäre dann, das Problem zusammen zu lösen, da die Mitarbeiterin es alleine wohl nicht könne.
Viele Mitarbeiter in Deutschland würden sich vielleicht als ersten Schritt eher eine möglichst sachliche Schilderung des Verbesserungswunsches unter Anerkennung der bisherigen guten Leistung/Einsatzes wünschen. Sofort als erstes den gestrengen Vorgesetzten herauszukehren, könnte sich hierzulande kontraproduktiv auswirken.
In Japan hingegen ist der Vorgesetzte traditionellerweise eher eine Vater/Mutterfigur mit sehr weitreichender Verantwortung für das eigene Team. Im Sinne eines „harten, aber gerechten“ Gruppenoberhauptes fühlen sich traditionelle Manager auf der anderen Seite sogar für Themen wie etwa Partnersuche oder Eheprobleme der Mitarbeiter verantwortlich, was bei uns nicht zuletzt arbeitsrechtlich tabu wäre.
„Der ist doch nicht mein Vater“ wäre hier die übliche Reaktion auf solche Ansätze.
Durch eine Erklärung der unterschiedlichen Ansätze hier und in Japan konnte der japanische Teilnehmer seine Vorgehensweise analysieren. Darauf aufbauend konnte er seinen Führungsstil besser an die hiesigen Erwartungen anpassen, um die Mitarbeiter vor Ort besser zu motivieren.
Man sollte sich also bewusst sein, dass ein stures Festhalten an Verhaltensweisen, die sich in der eigenen Kultur bewährt haben, oft in die Irre führen kann, wenn interkulturelle Unterschiede nicht miteinbezogen werden und man die Werte der anderen Seite ignoriert.