Sehr oft werden wir gefragt, wie man japanische Geschäftspartner/innen oder Kollegen/innen korrekt anredet.
Daher ein paar Tipps, die natürlich gleichermaßen für den Schriftverkehr wie auch für Gespräche gelten.
- Grundsätzlich ist es so, dass im japanischen Geschäftsleben stets der Nachname mit dem Suffix „san“ (in etwa: sehr geehrte/r Herr/Frau) benutzt werden. Es gibt natürlich noch viele weitere Optionen wie „sama“ (höchstverehrte/r Kund/in oder auch Firmenchef/in) oder „sensei“ (sehr geehrte/r Dr. oder auch Professor/in). Diese spielen aber im Falle einer Kommunikation auf Englisch keine große Rolle. Von Ausländern wird hier nicht zu viel Detailkenntnis erwartet und ein „san“ ist somit immer ausreichend.
- Das „san“ wird oft direkt an den Namen (z.B. Takadasan) angehängt. Es wird aber auch, groß oder klein geschrieben, mit oder ohne Bindestrich benutzt (Takada-San/-san, bzw. Takada san/ Takada San). Da es sich um eine Umschrift aus dem japanischen Alphabet handelt, gibt es keine klare Regelung, denn dort gibt es keine Großschreibung.
Im Zweifel ahmen Sie einfach nach, was Ihr Gegenüber in der Mail als Anrede wählt. - In der japanischen Geschäftskultur wird normalerweise nicht zum Vornamen gewechselt, wenn sich 2 Japaner länger kennen. Eher wird das „san“ durch ein anderes Suffix ersetzt. Als einzige Ausnahmen wären jüngere Japanerinnen zu nennen, die sich oft mit Vorname plus „chan“ („Takakochan“ usw.) informell anreden.
Ein japanischer Teilnehmer erklärte es kürzlich so: „Wenn ich bei meinem Vornamen gerufen werde, denke ich unwillkürlich, dass mich meine Mutter ruft, weil ich etwas ausgefressen habe…!“
Ein „Dear …san“ ist nicht nötig, da das „dear“ bereits in der Bedeutung von „san“ enthalten ist, aber von von einigen Japaner/innen wird trotzdessen benutzt.
„Dear Takada san“ ist also nicht falsch.
Eine Kombination mit „Dear Mr. …san“ macht aber keinen Sinn, da die Anrede dann analog zu „Dear Mr. Herr …“ verdoppelt würde.
- Sehr oft schreiben Japaner in englischen Mails am Ende den eigenen Familiennamen groß und den Vornamen klein.
„Best regards, TAKADA Kenichi“
Das ist sehr hilfreich, da auf Japanisch der Nachname immer zuerst steht und es so nicht zu Verwechslungen kommen kann.
Falls nicht ersichtlich ist, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt, kann man sich durch ein „san“ geschickt aus der Affäre ziehen, da dies in beiden Fällen korrekt ist.
Es empfiehlt sich, in der Signatur auch beim eigenen Namen das Format „MEIER, Heinrich (Mr.)“ zu benutzen, da manche der hiesigen Namen für Japaner hinsichtlich des Geschlechtes nicht einfach zu deuten sind. - Eine weitere Komplikation entsteht dadurch, dass aus japanischer Sicht oft ganz Europa und die USA/Kanada als eine Gruppe angesehen werden, in der die gleichen Regeln gelten.
Das Wort dafür heißt Oubei / 欧米 (Europa-Amerika), doch dafür gibt es im Westen gar keinen entsprechenden Ausdruck (vielleicht „EuropAmerika„?).
Durch diese Gleichsetzung werden Regeln aus dem anglo-amerikanischen Raum eins zu eins auch hier angewendet, da man nichts falsch machen möchte. - Viele japanische Mitarbeiter, die in den USA waren, haben sich zudem Spitznamen wie „Bill, Tom oder Allen“ gegeben, um es den Kollegen dort einfacher zu machen sie anzusprechen.
Diese Anpassung gilt auch für die angloamerikanische Sitte, andere sofort mit dem Vornamen zu adressieren.
Durch die sofortige Ansprache mit Vornamen bemühen sich die Japaner also, es uns „EuropAmerikanern“ recht zu machen, obwohl diese Sitte in Deutschland oder auch Frankreich gar nicht üblich ist.
Ein Japaner stellte sich einst sogar mit „please call me Tiger!“ vor.
Dadurch entstehen Situationen, bei denen man hierzulande selbst mit „dear Sabine“ angeschrieben wird, es aber nicht klar ersichtlich ist, ob man dann den neuen japanischen Geschäftsführer auch mit Vornamen („dear Yoshi“ etc.) anreden soll/darf oder ob das respektlos wäre.
Bevor uns zu sehr über die Verallgemeinerung im Sinne eines „EuropAmerika“ wundern, sollten wir uns in Erinnerung rufen, dass auch bei uns „Asien“ sehr oft als homogene Einheit angesehen wird. Dadurch fallen Japan, Myanmar, Thailand und Indonesien in eine Gruppe, obwohl sich die Länder in fast allem unterscheiden. Es gibt also Verallgemeinerungen in allen Kulturen…
Ein paar Zusatztipps:
– Es empfiehlt sich, im Umgang mit Japanern immer zuerst möglich höflich/förmlich zu beginnen und erst dann lockerer/casual zu agieren, wenn man das Gegenüber besser einschätzen kann.
– Wenn man sich wie in den USA von Beginn an eher salopp geriert, kann das beizeiten nach hinten losgehen. Wenn das japanische Gegenüber sich respektlos behandelt fühlt, ist es teils sehr schwer, wieder zu einem normalen Umgang zu finden.
– Durch ein zu höfliches Auftreten kann man Japaner hingegen in aller Regel nicht beleidigen.
Hier noch eine Quizfrage zum Schluss:
In welcher Situation sollte man auch auf Englisch das „san“ nicht benutzen?
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Lösung: Wenn man über sich selbst spricht, sich also zum Beispiel vorstellt, sollte man KEIN „san“ anhängen. (also nicht: „Hello, my name is Maria san!“)
Das würde ja übersetzt in etwa „Hallo, hier ist die höchstverehrte Maria“ bedeuten und wohl einen eher komischen Eindruck machen.