Passend zur Jahreszeit erläutern wir dieses Mal, ob und wie in Japan Weihnachten begangen wird.
Japan ist kein christlich geprägtes Land, sondern die Feiertage und Rituale beziehen sich meist auf den Buddhismus japanischer Prägung sowie auf die Religion des Shinto, welche nur in Japan praktiziert wird.
Shinto, übersetzt „der Weg der Götter/Geister“, ist eine uralte animistische Religion, die Dingen wie Bergen, Flüssen oder auch Plätzen einen eigenen Geist zuspricht, also einen Gott mit größerer oder geringerer Macht.
Shinto ist wie auch der Buddhismus keine monotheistische Religion, sondern es gibt eine komplexe Hierarchie von Gottheiten. Da diese Gottheiten oder auf Japanisch KAMI das eigene Leben beeinflussen können, gilt es ihnen Opfer zu bringen, um sie gewogen zu stimmen.
Sehr viele Japaner sind aber eher pragmatisch, was Religion angeht und befolgen daher Regeln und Bräuche aus verschiedenen religiösen Quellen, zudem diese Rituale meist mit einem praktischen Nutzen verbunden sind. So betet man vor einer Universitätsprüfung oft an einem Shintoschrein, um sich göttlichen Beistand zu sichern. Für andere Ziele geht man dann wiederum zu einem buddhistischen Tempel.
Viele Japaner geben zudem an, dass für sie Religion keine Rolle spiele. Fragt man aber nach, stellt sich heraus, dass sich fast alle am 1. Januar trotz dessen zum Beten an einem Shintoschrein einfinden.
Da dieses Neujahrsritual dazu dient, sich des Segens für das neue Jahr zu versichern, könnte man also folgende Sichtweise vermuten:
„Ich befolge diese Bräuche seit meiner Kindheit. Wer weiß schon, ob es wirklich Götter gibt, aber um auf der sicheren Seite zu sein, mache ich natürlich weiter mit“.
Rituale wie dieses spielen im japanischen Alltag eine sehr große Rolle und werden normalerweise ohne großes Hinterfragen befolgt.
Auch Weihnachten wird in Japan begangen, obwohl der Anteil japanischer Christen an der Gesamtbevölkerung nur um 1% liegt und die meisten Japaner Shintoisten und Buddhisten sind. Es ist in Japan aber kein betont religiöses Fest, sondern ein jahreszeitlicher Anlass, um wie auch hier zu weihnachtlichen Klängen viele Geschäfte mit Weihnachtmännern, -bäumen und -sternen zu schmücken. (Japanische Malls zu Weihnachten)
Für alle nicht-christlichen Japaner spielt der Weihnachtsabend im Sinne der Geburt Jesu überhaupt keine Rolle und daher ist der 25.12. auch kein Feiertag. Es haben sich aber ganz andere Traditionen herausgebildet und so assoziieren Japaner mit Weihnachten Dinge wie ein romantisches Dinner in der Hühnerbraterei Kentucky Fried Chicken/KFC.
Viele Familien, aber auch Liebespaare strömen in dieser Zeit in die KFC-Filialen, um dort Boxen mit Hähnchenteilen, aber in letzter Zeit auch „Weihnachts-Rund-um-Pakete“ mit Sekt und Schokotörtchen zu bestellen. (KFC in Japan)
In Japan macht Kentucky Fried Chicken ca. 1/3 des jährlichen Umsatzes um den Weihnachtsabend herum.
Grund für diese, für uns befremdliche Tradition ist eine Werbekampagne aus den 1970ern mit dem Slogan „an Weihnachten KFC!“
Weihnachten wurde zuvor nicht besonders gefeiert, doch dieser Slogan schlug ein wie ein Blitz und die Verbindung von gebratenen Hühnerteilen und dem frohen Fest verfestigte sich im japanischen Bewusstsein.
So gibt bis heute sehr viel TV-Werbung zur Weihnachtszeit zu diesem Thema. (KFC Fernsehwerbung)
Aufgrund der Beliebtheit muss man in den einschlägigen Restaurants Wochen vorher reservieren oder sich auf lange Schlangen einstellen, wenn man mit den Lieben dabei sein möchte.
Zu dieser Jahreszeit werden auch kleinere Geschenke und/oder schön gestaltete Karten an z.B. Kollegen oder auch die Lehrer der Kinder übergeben, um sich für die Hilfe im vergangenen Jahr zu bedanken. Das ist aber weniger Weihnachten im christlichen Sinne als mehr der Vorliebe der Japaner für das Pflegen zwischenmenschlicher Beziehungen geschuldet.
Natürlich nehmen alle Kulturen Anleihen aus anderen Religionen. So bemerkte letztens eine japanische Seminarteilnehmerin, dass sie etwas schockiert war, als in einem deutschen Baumarkt, wohl als Alternative zum Gartenzwerg, Buddha-Statuen für den Garten angeboten wurden. Diese lagen kreuz und quer auf einem großen Haufen und waren lieblos mit neonfarbenen Preisschildern a la „Sonderaktion! Jetzt nur 5,95€“ beklebt.
Andere Länder, andere Sitten…